Zwei Wochen Sylt im Sommer 2015

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Nordseekrabbe
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Zwei Wochen Sylt im Sommer 2015

Beitrag von Nordseekrabbe »

Zwei Wochen auf Sylt im August 2015

Als Kind war ich in einem oder zwei Sommern schon einmal auf Sylt gewesen (damals in einer Ferienwohnung, die mein Vater über einen Kollegen zum Freundschaftspreis mieten konnte), und im Herbst 2014 war ich mit ein paar Freundinnen im Rahmen eines Tagesausflugs mit der Bahn auf der Insel. Dieser eine Tag hatte mir Lust auf mehr gemacht, und so begann ich, Sylt ernsthaft als Urlaubsziel für den Sommer ins Auge zu fassen. Ich schaute mir im Netz die Homepages der verschiedenen Campingplätze an und deren Bewertungen bei camping.info, verglich Preise, Lage und Ausstattung. Nach und nach kristallisierten sich die Eckpunkte heraus, die ich erfüllt sehen wollte: eher zentral gelegen als am Nord- oder Südende der Insel, nicht zu teuer und in fußläufiger Entfernung zur Nordsee.
Am Ende entschied ich mich für den Campingplatz Rantum (http://www.camping-rantum.de). Eine Anfrage ergab, dass ich schon recht frühzeitig fest buchen musste, da für mich aus beruflichen Gründen nur die Hauptferienzeit in Frage kam. Die Buchung lief unkompliziert übers Internet, und ich hätte bis einen Monat vor Reiseantritt noch ohne finanzielle Nachteile zurücktreten können.

Mit der Buchung des Platzes konnte ich gleichzeitig die Überfahrt mit dem Sylt-Shuttle buchen, so dass ich kurz vor der Abfahrt einen Code erhielt, den ich beim Einchecken beim Shuttle angeben konnte. Das hat den Vorteil, dass die Abfertigung schneller geht und die Bahnreise direkt beim Campingplatz in der Endabrechnung mit bezahlt wird.
Viele Leute hatten vorab gesagt, die Fahrt mit der Fähre von Rømø aus wäre günstiger, aber das stimmt zumindest für mein Gespann nicht:

Anreise nach Niebüll zum Sylt-Shuttle = 94,3 km – Anreise nach Rømø = 163 km
Strecke vom Bahnhof zum CP auf Sylt = 5,6 km – Strecke Fähranleger zum CP = 21,7 km
Mehr-Kilometer für An- und Abreise insgesamt also 2 x 84,8 km = 169,6 km.
Kosten Bahnfahrt = 142 EUR hin und zurück (Preis von 2015 für Gespanne bis 10 m Länge)
Kosten Fähre = 126,70 EUR oder 147,50 hin und zurück (je nachdem, wie genau die Länge des Esterel beurteilt wird, der wenige cm über der „Schallgrenze“ von 4 m liegt).
Ersparnis im Fahrpreis im günstigsten Fall also 15,30 EUR – dafür Mehrverbrauch von ca. knapp 10 Liter Diesel und längere Fahrzeit mit dem Auto für die Mehrkilometer ca. 2 Stunden. Der Umweg über die Fähre lohnt also nicht.

Am Sonntag, den 2. August ging es los.
Beim Losfahren gab es zwei Rucke, die ich nicht einordnen konnte und mir nur als festsitzende Esterel-Bremsen erklären konnte, obwohl mir dies sehr unwahrscheinlich schien. Ich hatte dieses Ruck-Phänomen schnell vergessen, denn ansonsten gab es keine Auffälligkeiten. Die Fahrt nach Niebüll war entspannt, nur wenig Verkehr unterwegs und keine Warteschlange beim Check-In des Sylt-Shuttle. Im Vorfeld hatte ich im Netz keine Infos dazu gefunden, wie die Auffahrt auf den Zug und die Abfahrt runter vom Zug vonstatten geht. Ich wusste nur, dass der Transport für Gespanne rückwärts erfolgt.
Am Zug angekommen Erleichterung: ich kann vorwärts auf den Waggon auffahren und bekomme auf Nachfrage die Info, dass auch das Runterfahren vorwärts erfolgen wird. Der Esterel wird durch die Felgen hindurch mit Spanngurten am Waggon befestigt, im Auto ist ein Gang einzulegen und die Handbremse anzuziehen. Aussteigen während der Fahrt ist verboten. Gespanne und Wohnmobile werden auf Flachwagen befördert, während PKWs auch auf Doppelstockwagen stehen. Um auf den Waggon auffahren zu können, werden dessen Seitenwände heruntergeklappt, so dass sie eine Ebene mit dem Bahnsteig bilden. Vor der Abfahrt werden die Seitenwände hochgeklappt und zusätzliche Stützen mit einem durchlaufenden Seil (= die Notbremse) eingesteckt.

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Sicherung des Esterel

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Gespann vor der Abfahrt des Zuges

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Blick in den Rückspiegel während der Überfahrt

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Die Notbremse

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Bewegliche Seitenwand zum Abklappen beim Auf- und Herunterfahren

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Blick übers Wattenmeer während der Überfahrt

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Seitenwand hochgeklappt (vom Bahnsteig aus gesehen)

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Seitenwand heruntergeklappt (vom Bahnsteig aus gesehen)

Die Überfahrt dauert ca. 35 Minuten und ist sehr entspannt, wenn es auch etwas ungewohnt ist, rückwärts unterwegs zu sein. Eine Weile geht es noch durch Wiesen und Felder auf dem Festland, dann kommt der Hindenburgdamm, bis schließlich die ersten Ausläufer von Sylt erreicht sind. Auf der Insel angekommen folge ich den Hinweisschildern Richtung Hörnum, denn mein Navi ist „ausgestiegen“ und sucht verzweifelt nach dem Weg. Den Grund finde ich erst viel später heraus: Da ich vermeiden wollte, dass das TomTom mich auf die Strecke nach Rømø schickt, hatte ich ihm Fährverbindungen untersagt. Den Sylt-Shuttle hat es aber auch als „Fähre“ gespeichert, so dass es aus Sicht des TomTom nun keine Möglichkeit gab, die Insel mit dem Auto zu erreichen. Bis es sich auf Sylt wieder eingekriegt und die Satelliten gefunden hatte, war ich schon fast beim Campingplatz.

Das Einchecken ging schnell und freundlich über die Bühne, und ich bekam auch genau den Platz, der in der Buchungsbestätigung angegeben war. Durch die Lage der Parzelle konnte ich den Esterel vorwärts einparken, ohne viel rangieren zu müssen. Nur eine kleine Korrektur per Hand war notwendig – dann stand er. Aber was war das? Beim Korrigieren mit der Hand stellte ich fest, dass beide hinteren Rangiergriffe fehlten (von einem war ein Rest vorhanden, der andere war ganz herausgerissen). Nach und nach fiel der Groschen: Das waren die beiden unerklärlichen Rucke bei der Abfahrt gewesen. Ich hatte den Esterel mit einem langen Kabelschloss an zwei Pfosten des Carports gesichert und vor der Abfahrt total vergessen, das Kabel los zu machen. Gut, dass bei dieser Aktion nur die Griffe nachgegeben hatten und nicht die Pfosten des Carports… Die Reste der Griffe fand mein Sohn im Garten, nachdem ich ihn gebeten hatte, danach zu suchen. Reparatur erfolgte nach dem Urlaub.

Nach dem Aufbauen und Einrichten ein erster Ausflug zum Strand. Fünf Minuten zu Fuß durch die wunderschöne Dünen- und Heidelandschaft zum Badestrand. Herrlich ist es hier! Vom „Gipfel“ der Düne kann ich auf der einen Seite den Campingplatz sehen und auch das dahinter liegende Naturschutzgebiet „Rantum-Becken“. Auf der anderen Seite liegt am Fuß der Düne der Strand. Hier ist die schmalste Stelle von Sylt mit nur ca. 500 m Breite.

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Strand bei Rantum

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Naturschutzgebiet Rantum-Becken

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Dünenlandschaft

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Dünenlandschaft


Am ersten „richtigen“ Tag auf Sylt schön ausschlafen und in Ruhe frühstücken. Ich habe vor, im Urlaub viel Fahrrad zu fahren, will heute für den Anfang aber nur einen kleinen Ausflug machen. Ich fahre nach Rantum hinein, wo alte Reetdachhäuser neben offensichtlich recht neuen Reetdachhäusern einträchtig nebeneinander stehen. Teilweise sind es ziemlich imposante Gebäude, manche aber auch eher kuschelig und gemütlich. Einen kleinen Lebensmittel-Laden gibt es im Ortskern, einen kleinen idyllischen Hafen mit einigen Segelbooten und einer Surfschule, aber auf dem Weg zum Hafen auch einige Schicki-Micki-Boutiquen, die mich nicht interessieren. Der Hafen liegt auf der Ostseite der Insel (also Richtung Festland) mit dem Rantum-Becken und dem Wattenmeer. Mitten durchs Rantum-Becken führt ein Damm, der mit dem Fahrrad befahren werden kann, und ich beschließe, dieses Angebot zu nutzen. Vom Damm aus hat man einen wunderschönen Blick über das Naturschutzgebiet, in dem viele verschiedene Vogelarten zuhause sind. Am Ende des Dammes angekommen, geht es einen wenig befahrenen Weg direkt am Wasser entlang zurück zur Hauptstraße, an der ich Richtung Rantum zum Campingplatz zurückfahren kann.

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Rantum

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Damm im Rantum-Becken


Die nächsten Tage alle einzeln zu beschreiben, würde hier den Rahmen sprengen. Daher eine Zusammenfassung, auch wenn es viel mehr erzählenswerte einzelne Begebenheiten und Eindrücke gab:

Das Auto blieb den ganzen Urlaub über stehen, alle Wege habe ich mit dem Fahrrad erkundet. Das Netz der Fahrradwege ist auf Sylt sehr gut ausgebaut und ebenso gut beschildert, so dass man nirgendwo „verloren gehen“ kann. Rund um die Insel gibt es nummerierte Punkte mit großen Stelltafeln mit Erklärungen zur unmittelbaren Umgebung. Die Nummern dieser Punkte finden sich in einer der Fahrrad- und Wanderkarten wieder, so dass man sich immer schnell orientieren kann.
Als Fahrradwege dienen unter anderem auch die früheren Trassen der Inselbahn, die es von 1888 bis 1970 auf Sylt gegeben hat. Abseits der Hauptstraße fährt man durch die Dünen- und Heidelandschaft.

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Inselbahntrasse zwischen Rantum und Hörnum


Ich habe mehrere Orte besucht (Hörnum, Morsum, Keitum, Westerland, Wenningstedt, Kampen und natürlich Rantum), war in Museen, bin am Morsumer Kliff entlang gewandert und habe auch drei Tage am Strand und mit Baden in der wunderbaren Nordsee verbracht. In der Innenstadt von Westerland bin ich gewesen (hektisch, voller Menschen, Trubel wie in der Mönckebergstraße in Hamburg), aber habe auch das alte Westerland gesehen mit seinen teilweise gut erhaltenen und liebevoll gepflegten alten Gebäuden. In der Fußgängerzone von Westerland bin ich mit einer alten Dame ins Gespräch gekommen, die mir ein paar Tipps zum alten Dorfkern von Westerland geben konnte – sie lebte schon ihr ganzes Leben auf Sylt und hatte viel zu erzählen.
Ich habe am Rantumer Strand wunderschöne Sonnenuntergänge bewundert, habe Strandspaziergänge gemacht und habe einen Mittelaltermarkt in Morsum besucht.
Teure „Schlitten“ habe ich ebenso gesehen wie „ganz normale“ Autos. Nicht besucht habe ich die sagenumwobene „Sansibar“, wo angeblich auch die einen oder anderen Promis anzutreffen sind.

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Morsum-Kliff

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Rotes Kliff bei Kampen

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Sonnenuntergang am Strand von Rantum

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Denkmal für die alte Inselbahn

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Uwe-Düne bei Kampen

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Ausblick von der Uwe-Düne

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Westerland

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Westerland

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Westerland


Ein bisschen Spurensuche in Sachen Familiengeschichte habe ich betrieben und habe Orte und Gebäude gefunden, die für mich in dieser Hinsicht eine Bedeutung haben. (Ein Vorfahr war z. B. im 18. Jahrhundert Konditor in einem Westerländer Hotel, das es heute nicht mehr gibt.)

Insgesamt bin ich rund 180 km auf dem Fahrrad unterwegs gewesen. Durch Munkmarsch und Braderup bin ich nur durchgefahren, und List im Norden der Insel habe ich nicht besucht. Das werde ich im nächsten Sylt-Urlaub nachholen.

Einen Regentag habe ich mit Datenrettung verbracht, nachdem sämtliche Fotos von meiner Speicherkarte in der Kamera verschwunden waren. Mit einem kostenlosen Tool, das ich vor ein paar Jahren schon einmal in einem Fall versehentlicher Löschung eines USB-Sticks verwendet hatte, konnte ich zum Glück fast alle Fotos wiederherstellen. Anschließend habe ich eine neue Speicherkarte genutzt, denn diese hatte ja anscheinend einen Sockenschuss.

Eine lustige Begebenheit gab es noch direkt auf dem Platz: Meine Nachbarn waren einen Tag offensichtlich mit Packen beschäftigt, und alles deutete auf eine Abreise am folgenden Tag hin. Am nächsten Morgen stand ich erst spät auf und hatte kurz vor dem Aufstehen den Eindruck, als hätte es draußen eine ungewöhnliche Unruhe gegeben.
Beim Frühstück schien mir, als stünde ein anderer Wohnwagen als zuvor neben mir und richtig: ich hatte neue Nachbarn. Diese erzählten dann, dass sie erst nach einer Zwangsräumung auf den Platz konnten, denn die vorherigen Nachbarn waren mit Auto und Gepäck, aber ohne Wohnwagen einfach verschwunden. Das war also die Unruhe am Morgen gewesen – die Platzbetreiber mussten das Vorzelt abbauen und den Wohnwagen vom Platz ziehen, bevor die neuen Nachbarn „einziehen“ konnten.

Nach zwei wunderbaren Wochen reiste ich am Sonntag, den 16. August wieder ab. Dass An- und Abreise jeweils auf einen Sonntag fielen, hatte sich eher zufällig bei der Buchung ergeben und stellte sich im Nachhinein als Glücksfall heraus. Während es samstags relativ lange Schlangen am Sylt-Shuttle gibt mit Wartezeiten von ein bis zwei Stunden, ist dies sonntags selten der Fall. Darüber hinaus sind die Straßen weitestgehend LKW-frei, so dass das Fahren sich recht entspannt gestaltet.

Fazit: Sylt war unter dem Strich ein kleines bisschen teurer als die Urlaube anderswo, was vor allem an der Kurtaxe von 3,20 EUR täglich und der relativ teuren Anreise liegt. Für den Campingplatz selbst habe ich nur ein, zwei Euro täglich mehr ausgegeben als ich es sonst in den letzten Jahren getan habe.
Sylt also immer wieder gerne – die Landschaft ist einfach wunderschön, und es gibt viele Ecken abseits von Schicki-Micki, die es zu entdecken lohnt. Die Planungen für den Urlaub 2016 laufen bereits.

Der Campingplatz in Rantum hat mir gut gefallen – mehr dazu hier bei der Beschreibung des Platzes.


LG Anne
Zuletzt geändert von Nordseekrabbe am 07.02.2016 15:11, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Zwei Wochen Sylt Sommer 2015

Beitrag von Tombaz »

Wunderschöner Bericht und ebensolche Fotos Anne, vielen Dank - das macht Lust auf Sylt

Gruß
Thomas
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Thule
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Re: Zwei Wochen Sylt Sommer 2015

Beitrag von Thule »

Super ! Danke für deinen ausführlichen Reisebericht und die vielen , schönen Bilder ! :dhoch:
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KlappiRappi
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Re: Zwei Wochen Sylt Sommer 2015

Beitrag von KlappiRappi »

Macht Lust auf Sylt!!
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